Blechspielwarenfabrik Jos. Kraus & Co.

Nürnberg
 


Die Blechspielwarenfabrik Jos. Kraus & Co. in Nürnberg

 

Die Blechspielwarenfabrik Jos. Kraus & Co. wurde von Josef Kraus und dessen Cousin Julius Forchheimer am 24.01.1910 in Nürnberg gegründet und am 25.01.1910 als offene Handelsgesellschaft in das Handelsregister der Stadt Nürnberg eingetragen. Die Fabrikmarke „JKCo“ wurde auch in Verbindung mit dem Namen „Fandor“ genutzt und am 04.07.1912 beim Reichspatentamt eingetragen. „Fandor“ setzte sich aus den ersten drei Buchstaben der mütterlichen Vornamen von Josef Kraus, „Doris“ und  Julius Forchheimer, „Fanny“ zusammen.

Im Jahre 1923 wanderte der Mitbegründer und Inhaber der Blechspielwarenfabrik Jos. Kraus & Co., Julius Forchheimer in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Im gleichen Jahr weilte auch Josef Kraus in den USA. Beide bauten die Firma „Dorfan“ in Newark N.J., welche Spielzeugeisenbahnen und Zubehör herstellte und vertrieb auf. Bei der Namensgebung der amerikanischen Firma wurden die Anfangsbuchstaben der mütterlichen Namen in umgekehrter Reichenfolge genutzt. Im Mai 1923 übertrugen die Inhaber der Nürnberger Firma dem Kaufmann Bernhard Früh, als Prokurist die Leitung der Geschäfte bei Jos. Kraus & Co.

Von Anfang an spezialisierte sich die Blechspielwarenfabrik, entgegen den damals etablierten Unternehmen wie zum Beispiel Märklin, Bing und Fleischmann, auf die Herstellung von Spielzeugeisenbahnen und Zubehör der Spurweiten 0 und I. Während der ersten beiden Jahre produzierte Kraus ausschließlich Uhrwerkseisenbahnen. Ab 1913 wurden auch elektrische Spielzeugeisenbahnen in das Sortiment aufgenommen. Die Produktion  umfasste fast das komplette Sortiment an Blechspielzeug­eisenbahnen und dem dazugehörigen Zubehör. Es wurden Trafos, Gleise, Weichen, Signale, Warnschilder, Bahnwärterhäuschen, Bahnhöfe, Brücken, Personenwagen, Güterwagen, Lokomotiven für Uhrwerk- und elektrischen Betrieb hergestellt. Ein weiteres Produktsortiment sind die sogenannten Kaufhausbahnen, d.h. komplette Zugpackungen (Lokomotiven, Wagen, Gleise und Trafo) die häufig im Niedrigpreissegment angesiedelt waren. Um 1930 wurde ein Personenzug vorwärtslaufend mit Bremshebel im Führerhaus, bestehend aus Lokomotive mit Tender, einem Pack- und Personenwagen, vier runde Schienen, für nur 1,25 Mark angeboten. Somit wurde  jedermann bzw. jedes Kind das Spiel mit der Eisenbahn ermöglicht. Bei einem derartig niedrigen Preis wurde wohl weniger auf Qualität geachtet, sodass diese Züge sehr schnell dem Spielspaß zum „Opfer“ vielen und heute somit auch nur noch sehr selten erhalten sind. Es wurden aber auch hochwertige Lokomotiven, Wagons und Bahnhöfe hergestellt. Eine der teuersten Lokomotiven wurde mit 105 Mark im Katalog um 1930 angeboten. Entsprechende Lokomotive hatte bereits eine Länge von 50 cm. Diese Produkte sind durchaus mit Spitzenmodellen jener Zeit vergleichbar. Zudem erteilte das Reichspatentamt dem Unternehmen zahlreiche Patente. Hervorzuheben ist beispielsweise das Patent der ersten vollautomatischen Kupplung (Kraus-Kupplung) im November 1933.

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise stellte die, vor dem 1. Weltkrieg „größte Spielwarenfabrik der Welt“, die Bing-Werke AG ihre Spielzeugproduktion ein. Anfang 1932 erwarben die Nürnberger Spielwarenfabrikanten Josef Falk und Josef Kraus die Spielwarenabteilung der Bing-Werke AG und gründeten die Bing-Spielwaren GmbH. Die Fabrik mechanischer und elektrischer Spielwaren Jos. Kraus & Co. nutzte ihr Engagement bei der Bing GmbH, um Maschinen, Werkzeuge und Fertigteile der Bing-Eisenbahnproduktion in die eigene Produktion zu integrieren. Bereits Ende des Jahres verkaufte Josef Kraus seine Anteile an der Bing GmbH an Albert Huck, Alleininhaber der Spielwarenfabrik Karl Bub.  Jos. Kraus & Co. stellte mit den erworbenen Maschinen und Werkzeugen eine kleine Auswahl an Bing-Eisenbahnmodellen weiter her. Neben dieser wirtschaftlichen Erweiterung investierte die Jos. Kraus & Co. in der Zeit von 1933 bis 1937 ca. 120.000 RM neue Maschinen und Werkzeuge, um ein erweitertes Sortiment herstellen zu können. 

 Jos. Kraus & Co war seit 1910 ein stark exportorientiertes Unternehmen. Bis 1928 überwog der Export nach Kanada und den Vereinigten Staaten. Nach Einbruch des amerikanischen Marktes konzentrierte sich das Geschäft auf Exporte in europäische Länder und den Binnenmarkt.

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Josef Kraus im April 1933 in die USA. Nach der Reichspogromnacht am 09. November 1938 wurde der Prokurist Bernhard Früh am 10.11.1938 von der Gestapo verhaftet und gezwungen seine Prokura an die Deutsche Arbeitsfront (DAF) abzutreten. Unmittelbar daran nahm der eingesetzte kommissarische Leiter, der Versandleiter Fritz Rauh Verkaufsverhandlungen mit der bereits arisierten Nürnberger Firma Keim & Co. KG für Blechindustrie auf. Der Kaufvertrag der Vermögensanteile (Maschinen etc.) wurde am 27. Mai 1939 geschlossen und erst mit der Bezahlung am 27. November 1940 rechtswirksam. Jedoch hat die Fa. Keim & Co. mit Beginn der Verkaufsverhandlungen massiv in die Geschäfte von Jos. Kraus & Co. eingegriffen. Nachdem im Herbst 1939 die letzte Zinkblechlieferung erfolgte, wurde die Produktion Mitte des Jahres 1940 eingestellt.

Nach Beendigung des Krieges meldeten die ehemaligen Eigentümer Josef Kraus und Julius Forchheimer im Dezember 1948 bei dem Zentralmeldeamt in Bad Nauheim Rückerstattungs- und Wiedergutmachungsansprüche gegenüber der Fa. Keim & Co. und dem Deutschen Reich an. Die Wiedergutmachungsverhandlungen endeten am 10.03.1960 mit einem endgültigen Vergleich beim Landgericht Nürnberg-Fürth.  Am 05. Juni 1963 wurde die Firma Jos. Kraus & Co aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Nürnberg gelöscht. 

Hier finden Sie ausgesuchte Dokumente zur Geschichte der Firma Jos. Kraus & Co.